Rückgabe angolanischer Gelder darf nicht Straffreiheit für Korruption bedeuten

Ein am 1. November unterzeichnetes Abkommen zwischen Angola und der Schweiz sieht die Rückführung von 21 Mio. US-Dollar öffentlicher angolanischer Gelder, die auf Schweizer Konten blockiert waren, nach Angola vor, obwohl verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen in beiden Ländern verlangt haben, dass der zugrunde liegende Korruptionsfall weiter untersucht wird.

Die Gelder wurden während einer Untersuchung in vermutete Geldwäscherei, Unterstützung einer kriminellen Organisation und Bestechung fremder Amtsträger blockiert, die sich auf die 1996 vorgenommene Umschuldung von 5,5 Mrd. US-Dollar Auslandsschuld von Angola gegenüber Russland bezog. Zwischen 1997 und 2000 wurden insgesamt 774 Mio. US-Dollar an angolanischen Erdöleinnahmen in ein Konto bei der UBS in Genf einbezahlt, das auf den Namen der Firma Abalone Investment Limited lautete, die von den Geschäftsleuten Pierre Falcone und Arkadi Gaydamak gegründet worden war. Doch nur 161 Mio. $ erreichten ein Konto des russischen Finanzministeriums. Rund 600 Mio. $ tauchten auf Konten auf, die Falcone, Gaydamak und einer Reihe obskurer Gesellschaften gehörten, wobei Millionen auf Privatkonten hoher angolanischer Funktionäre und auch von Staatspräsident Dos Santos landeten.

Der Genfer Generalstaatsanwalt stoppte die Untersuchungen Ende 2004 mit der Begründung, da weder die angolanische noch die russische Regierung sich als Opfer oder Kläger verstehe, sei auch kein Betrug begangen worden, und dies trotz Belegen für den Missbrauch von Millionen von öffentlichen Geldern Angolas. Zudem ignorierte er Aufforderungen von Organisationen der schweizerischen, der angolanischen und der internationalen Zivilgesellschaft, den Fall erneut aufzurollen.

Aktion Finanzplatz Schweiz (Basel), Déclaration de Berne (Lausanne) und Global Witness (London) meinen, dass die Schweiz mit der Sistierung des Falls zu verstehen gibt, ihr Bankensystem könne straffrei für das Waschen von Korruptionsgeldern benützt werden.

«Wir begrüssen die Tatsache, dass die nunmehr rückgeführten 21 Mio. für Projekte zugunsten der am meisten benachteiligten Personen der angolanischen Gesellschaft verwendet werden sollen», meint Stefan Howald von der Aktion Finanzplatz Schweiz. «Angola ist eines der ärmsten Länder der Welt, trotz seines riesigen Reichtums an Erdöl und Diamanten. Die meisten Angolanerinnen und Angolaner müssen mit weniger als 2 Dollar pro Tag auskommen», ergänzt Jean-Claude Huot von der Déclaration de Berne.

Doch Angola ist gleichzeitig extrem korrupt und steht auf dem Korruptionsindex von Transparency International an 133. Stelle von 145 Ländern. Sarah Wykes von Global Witness meint deshalb: «Die blockierten Summen sind öffentliche angolanische Gelder, die auf Schweizer Bankkonten landeten, und die Korruption der angolanischen Regierung ist weiterhin notorisch: Welche Garantien bestehen da, dass die Gelder tatsächlich für humanitäre Zwecke eingesetzt werden? Jede Rückführung muss in vollkommener Transparenz durchgeführt werden, die unabhängige angolanische und internationale Zivilgesellschaft muss mitentscheiden können, wohin das Geld geht, und durch einen unabhängigen Überwachungsmechanismus muss die weitergehende öffentliche Kontrolle gewährleistet werden.»

Weitere Informationen: Stefan Howald +41 (0)79 814 42 76; Jean-Claude Huot +41 (0)21 620 03 08; oder Sarah Wykes +44 7971 06 44 33.

Anmerkungen

1. Siehe Global Witness: Time for Transparency, März 2004.
www.globalwitness.org/reports/index.php?section=oil. Ein Schweizer Bankier hat angeblich ausgesagt, dass 56 Mio. $ in einem offshore-Bankkonto auf den Namen von Staatspräsident Dos Santos lagern, und der Bericht veröffentlicht Aussagen von Vertretern einer Bank in Luxemburg, wonach Gelder auf einem Privatkonto ‘Mr Jose Eduardo dos Santos – Luanda, Angola’ gehörten.

2. Siehe Schweizerisches Strafgesetzbuch Art. 322septies
2. Bestechung fremder Amtsträger
Wer einem Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, einem Beamten, einem amtlich bestellten Sachverständigen, Übersetzer oder Dolmetscher, einem Schiedsrichter oder einem Angehörigen der Armee, die für einen fremden Staat oder eine internationale Organisation tätig sind, im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft. (http://www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a322septies.html)

3. Briefe an M. Daniel Zappelli vom 28. Februar und 13. Juni 2005.

4. Angola rangiert an 160. Stelle von 177 Ländern auf dem Human Development Index der UNO. Siehe http://hdr.undp.org/reports/global/2005/pdf/HDR05_HDI.pdf, sowie IRIN, United Nations News Service, ‘Angola: Legacy of war, failed harvests combine to erode security’, September 12 2005, http://www.irinnews.org/report.asp?ReportID=49134&SelectRegion=Southern_Africa&SelectCountry=ANGOLA

5. Siehe Transparency International’s 2005 Corruption Perceptions Index, http://www.icgg.org/corruption.cpi_2005.html